Nach der Praxis noch ein wenig Theorie:
Wenn Kunsthistoriker, wie Ernst Gombrich nachforschen, was eigentlich ein Kunstwerk sei, so bekommt man die Lektion erteilt, dass niemand in der Wissenschaftslehre diese Frage je stellt. Niemand fragt: „Was ist Elektrizität, oder was ist ein Berg, was ist ein Hügel?“ Es gibt keine Axiome, sondern Verabredungen, Vereinbarungen und Vorschläge. Weites heißt es da, wenn man eine Messlatte heranziehen kann, ein Kunstwerk ist am ehesten doch eine außergewöhnliche Leistung, die Werte verkörpert. Im Übrigen gibt es gar keine Kunst, sondern nur Künstler.
Wahrscheinlich kann man gar keine genauen Grenzen ziehen, fertige Definitionen sind allemal keine Lösung. Doch der briefliche Kontakt zu Sir Karl Popper bestärkte Gombrich darin, sinnvolle Fragen stellen zu können, auch wenn man als Geisteswissenschafter nie damit rechnen durfte, etwas Endgültiges als Antwort gefunden zu haben.
Bei Rudolf Arnheim erfährt man, dass es auch neben aller ansonsten theoretischen Definitionsversuchen einen ganz praktischen Wert von Kunst gibt.
Was eben ist der praktische Wert vom Kunstschaffen? Faktum ist, in der Psychoanalyse versteht man Kunst als ein Mittel, um innere Probleme zu verbildlichen, als Darstellung aus sich herauszustellen und fassbar zu machen. Kunst ist ein den Verstand ergänzendes Mittel, der alles dransetzt, um sich in der Verzwicktheit der Außenwelt zurecht zu finden, sein Schicksal zu bewältigen, wie es Kinder in Ihren Kritzelzeichnungen betreiben, um falls es gelingt die Vielfalt der Welt auf eine einfachere Stufe herunter zu transformieren.
Kunst kann also mehr als reine Fiktion zu sein. Sie ist am ehesten ein heilsames Überlebensinstrument, um innere Konflikte zu bewältigen und erwächst aus dem Humus des Kulturbodens als eine unentbehrliche Eigenschaft der strebsamen menschlichen Natur.